Für meinen Urlaub Ende Februar 2022 habe ich mich für eine Liparische Inseln Rundreise entschieden, denn das Inselarchipel im Nordosten Siziliens um Stromboli & Co. ist der eigentliche Grund, warum ich vor eineinhalb Jahren auf Sizilien blieb.
Wie fast immer reise ich alleine, da ich so machen kann was ich gerade will, mehr Menschen kennenlerne und genug Zeit habe, meine Eindrücke und Gedanken zu sortieren. Meine Rundreise Liparische Inseln hat mich dabei nicht enttäuscht, sondern meine Erwartungen sogar noch übertroffen! Wann sich eine Reise am meisten lohnt und was es auf dieser Inselgruppe zu entdecken gibt, erfahrt ihr in diesem Artikel.
Erstmals kam ich 2019 für ein verlängertes Wochenende nach Palermo. Damals lebte ich noch in Kampanien. Ein Jahr später, als meine Arbeit in Kampanien getan war, kam ich mitten im Corona-Winter 2020/21 zurück. Nach kurzer Zeit fand ich ein Jobangebot für die Ausflugsboote zu den Liparischen Inseln. Den Job in der Tasche zog ich kurzerhand ins wunderschöne Cefalù. Die Ausflugsboote fuhren im Endeffekt den ganzen Sommer nicht und ich musste mich damit begnügen, die Liparischen Inseln von Weitem zu betrachten. Seit Oktober 2021 bin ich Reisekomponistin bei amavido. Da ich aus dem „Homeoffice“ arbeite, bin ich seitdem auf Erkundungstour Siziliens und konnte mir in diesem Rahmen endlich einen Traum verwirklichen – meine Rundreise Liparische Inseln! Die komplette Geschichte findest du hier: Mein Weg nach Sizilien
Das erwartet dich in diesem Artikel – Rundreise Liparische Inseln:
- Nebensaison ist die beste Saison
- Die Welt ist ein italienisches Bergdorf
- Abgeschiedenheit macht kreativ
- Mit Treppensteigen 100 Jahre alt werden
- Jeder ist seines Glückes Schmied
- Das Leben schreibt die besten Geschichten
- It’s a man’s world
1. Nebensaison ist die beste Saison
Die Liparischen Inseln sind eine typische Sommerdestination. Die Hauptreisezeit liegt zwischen Juni und September. Zwischen November und April ist so wenig los, dass so gut wie alles geschlossen ist. Pro Ort finde ich eine Bar. Dort passiert das Leben und man lernt die ganze Insel kennen.
Die Leute fragten mich im Vorfeld: „Im Winter?! Was willst du denn dort im Winter?!“ Ich habe wahnsinnig viele Leute kennengelernt. Alle haben Zeit, keiner ist im Stress, keiner ist genervt von den Touristen. Wer da ist, wohnt auch dort. Die anderen zwei Touristen erkennt man sofort. Alle grüßen sich nett und halten für ein kurzes Gespräch an. Im Sommer sind die Fähren, Unterkünfte und Aktivitäten oft schon Wochen vorher ausgebucht und man muss alles detailliert im Voraus planen. Ich kann mich einfach treiben lassen. Kommt ein Wintersturm, dann sitze ich fest – auch das ist eine neue Erfahrung.
Meine Liparische Inseln Rundreise war auch verhältnismäßig günstig. Die Inseln sind nie günstig, einfach weil alles auf dem Wasser- oder Luftweg angeschafft werden muss. Im Hochsommer wird aber bei sämtlichen Preisen das Komma einfach um eine Stelle nach rechts verschoben. Ein Hoch auf die Nebensaison!
2. Die Welt ist ein italienisches Bergdorf
Die Liparischen Inseln sind wirklich klein und abgesehen vom Vulkan Stromboli gibt es keine bekannten Sehenswürdigkeiten und so gut wie keine Sandstände. Trotzdem, oder gerade deswegen, verschlägt es eine bestimmte Sorte Mensch hier her. Ich habe auf Stromboli einen lustigen Zufall erlebt.
Am zweiten Tag auf Stromboli entscheide ich mich spontan für eine Bootstour. Erst habe ich nicht so richtig Lust auf diesen „Touriklassiker“, aber Francesco ist so nett und irgendwie tut er mir auch leid, weil im Winter so wenige Touristen kommen. Kaum bin ich am Hafen, komme ich aus dem Staunen nicht mehr raus. Vor mir sitzt meine ehemalige Studiums Kollegin aus Südtirol, die ich seit 10 Jahren nicht mehr gesehen habe. Neben ihr sitzt ihr Freund aus dem kleinen Ort Sterzing/Vipiteno, den ich zufällig sehr gut kenne, weil dort der beste Joghurt Italiens hergestellt wird. Der Joghurt ist so gut, dass ich ihn sogar im Minimarkt auf Stromboli finde. Zufall, göttliche Fügung, Schicksal … wie auch immer: Das Leben ist schön und die Liparischen Inseln auch.
3. Abgeschiedenheit macht kreativ
Wer weit weg ist von allem, hat ein begrenztes Angebot. Wird es Dir zu langweilig, musst Du kreativ werden. Auf die Frage hin, was er beruflich macht, sagt Sebastiano aus Filicudi: „Im Winter sind wir alle Maurer. Alle wollen ständig renovieren und wir haben Zeit und stören niemanden. Im Sommer bin ich DJ und Fotograf. Meine Freunde haben Restaurants oder organisieren Bootsausflüge für Touristen“ Super! Hier hat jeder zwei Berufe und sobald der eine nach sechs Monaten zu eintönig wird, freust Du Dich wieder auf den anderen.
Jeder hat hier ein Hobby – Fotografieren, Töpfern, Gärtnern, Malen … auch mich hat es wieder gepackt. Ich habe so wahnsinnige Lust zu schreiben, was sonst nicht oft passiert. Besonders schön finde ich, dass all diese Hobbies etwas gemeinsam haben, nämlich etwas zu gestalten. Unsere moderne Welt ist hauptsächlich auf Konsum ausgelegt, Konsum von Information, Waren, usw. An einem normalen Tag konsumieren wir in der Regel mehr, als etwas zu erschaffen. Ich habe das Gefühl, dass die Balance zwischen gestalten und konsumieren auf den Inseln ausgewogener ist, wobei dies vor Allem für die kleinsten der Inseln zutrifft.
4. Mit Treppensteigen 100 Jahre alt werden
Die Liparischen Inseln sind allesamt ehemalige oder noch aktive Vulkane mitten im Meer. Dementsprechend sind die Hänge steil und Straßen gibt es so gut wie keine. Die Häuser sind durch Mulattiere (alte Maultierpfade) verbunden und Maultiere gehören auch noch heute zum Hauptbeförderungsmittel. Wenn man irgendwo hin will, muss man entweder hoch oder runter laufen.
Nirgendwo fällt mir das so extrem auf, wie auf Alicudi, der westlichsten und wildesten der Liparischen Inseln. Von weitem ist die Insel ein perfektes Dreieck im Meer. Unten am Hafen gibt es einen Minimarkt, eine Post, ein Ticketbüro für die Fähre, ein Restaurant und eine Bar, welche saisonal geschlossen sind. Alicudi ist mit knapp 675 Metern nur die vierthöchste der 7 Inseln. Im Gegensatz zu den anderen Inseln ist sie aber bis 500 Meter bewohnt und alte Mauerwerke reichen sogar bis hoch zum Gipfel. Je nachdem wo man wohnt, gehören 5-60 Minuten Treppensteigen zum täglichen Fitnessprogramm. Die Kinder gehen so zur Schule. Die Alten gehen so zum Friedhof. Wobei ich an dieser Stelle fairerweise hinzufügen muss, dass sich sowohl die Schule, als auch der Friedhof und sogar die Bibliothek auf halber Höhe befinden.
Bergauf bin ich ziemlich schnell, da holt mich selbst ein Insulaner nicht ein. Bergab schaue ich ziemlich blöd, wenn mich die 70-Jährigen überholen, die jahrelanges Training hinter sich haben. Der Altersdurchschnitt auf Alicudi liegt bei 50 Jahren. Ob das daran liegt, dass die Menschen durchs Treppensteigen fit bleiben oder weil die Jungen auswandern bleibt offen.
Aber auch auf Alicudi kommt der technische Fortschritt an. Ein Bauarbeiter erklärt mir: „Die Treppen auf dieser Seite sind sogar für die Maultiere zu steil. Unsere Baumaterialien kommen heutzutage mit dem Helikopter. Wir restaurieren Luxusruinen“
5. Jeder ist seines Glückes Schmied
„Es gibt hier keine Mädchen. Die sind alle schon vergeben oder sie sind weggezogen“, weint mir der 18-Jährige angetrunken vor. Jede der Liparischen Inseln ist im Grunde ein verlassenes Bergdorf. Das Leben ist teuer, da alles bis hin zum Leitungswasser importiert wird. Es gibt wenig Arbeit, Tourismus nur im Sommer und höherführende Schulen liegen auf dem Festland. Trotzdem will Christian bleiben: „Ich kann nicht weg, ich liebe die Insel zu sehr. Einmal war ich auf Sizilien (!) im Urlaub, aber nach einer Woche habe ich es nicht mehr ausgehalten und bin wieder nach Hause nach Panarea gefahren. Wenn ich kein Mädchen finde, dann ist das so“.
Panarea ist die kleinste der Liparischen Inseln und bekannt als die Insel der VIPs. Die Insel ist wirklich ein Traum, aber zwischen November und Ostern ist hier absolut nichts los.
Marco hingegen hat sich bewusst für die Insel entschieden. Er kommt ursprünglich aus Neapel, hat die wilden 80er in Berlin verbracht. Dann hatte er plötzlich keine Lust mehr aufs Großstadtleben. „Ich habe alles richtig gemacht. Ich bin glücklich, weil ich was gesehen habe von der Welt. Alle denken immer, dass man auf der Insel geboren werden muss, um hier glücklich zu werden. Das stimmt aber nicht. Die Jungen müssen raus und dann zurückkommen, wenn sie bereit sind. Hier betrinken sie sich nur jeden Abend und wissen nicht, was Panarea für ein Paradies ist.“
6. Das Leben schreibt die besten Geschichten
Noch verschlafen stolpere ich aus meinem Bungalow. Die Sonne ist gerade aufgegangen. „Hast du das Verlängerungskabel?“ Ich erschrecke zu Tode und drehe mich um, wo mich ein hauptsächlich von Augenbrauen dominiertes Gesicht anstrahlt. So lerne ich Rico kennen.
Ich erzähle ihm, dass ich gerade eine Sizilien Rundreise mit meinem Mofa mache, aber aktuell im Urlaub auf den Liparischen Inseln bin. Er ruft begeistert: „Das ist ja cool – wie im Film!“ Zu diesem Zeitpunkt weiß ich noch nicht, dass er halb Österreicher ist, in vier verschiedenen Ländern gelebt hat und gerade in seinem „Urlaub“ auf einem der bekanntesten Weingütern Salinas lebt und arbeitet. Das erfahre ich erst wenige Tage später, als er mich einlädt nach meinem Urlaub meinen Remote Arbeitsplatz auf das Weingut zu verlagern. Salina ist die zweitgrößte Insel nach Lipari und auf jeden Fall die grünste. Hier wird der berühmte Wein Malvasia hergestellt, ein süßer Dessertwein. Die Reben wurden von den Griechen um 500 v.C. auf die Insel gebracht. „Wie im Film“, denke ich.
Tatsache ist natürlich, dass Filme von wahren Geschichten inspiriert sind. Entweder sie basieren auf wahren Begebenheiten oder sie leben von den Ideen und Vorstellungen der Menschen. Es würde also mehr Sinn machen, während einem Film zu rufen: „Wie im Leben!“ als andersrum. Gleiches gilt übrigens für die Sonnenuntergänge, welche auf den Liparischen Inseln „wie gemalt“ aussehen.
7. It’s a man’s world
Vielleicht ist es Dir beim Lesen aufgefallen. Vielleicht bist Du an das Leben in Süditalien gewöhnt. Ich bin seit mehreren Jahren in Süditalien und mir fällt es trotzdem noch extrem auf. Ich lerne während meiner Liparische Inseln Rundreise fast ausschließlich Männer kennen und dementsprechend kann ich auch nur von ihren Geschichten berichten. Die Männer sind überall. Früh morgens verkaufen Sie den Fisch am Hafen, anschließend trifft man sie beim Caffè in der Bar oder in der Sonne am Lungomare. Nachmittags wird irgendwas auf der Straße repariert und abends ist man zum Aperitivo und Kartenspielen wieder in der Bar.
Jedes mal, wenn ich mein Getränk zahlen will ist es bereits bezahlt. Die nette Barista sagt nur „Komm immer, wenn die Männer da sind und du wirst hier nie etwas bezahlen“. Ich entgegne, dass ich abgesehen von ihr noch nie eine Frau in dieser Bar gesehen habe und frage sie, wo denn die Frauen seien. Von der Terrasse wird hereingerufen: „Ja wo sind die Frauen? Wenn du sie findest, dann sag uns Bescheid!“ Es folgt schallendes Gelächter aller Anwesenden. Ich weiß natürlich wo die Frauen sind. Sie sind zu Hause und putzen und kochen. Trotzdem gibt es auf den Inseln tatsächlich mehr Männer als Frauen. Eines abends schlendern drei Frauen der Nachbarinseln mit Hund durch die Straße. Anschließend sind sie das Gesprächsthema für ganze zwei Tage.
Meine 10-tägige Rundreise Liparische Inseln hat mich viel zum Nachdenken inspiriert…
Ich hoffe, ich konnte Dich mit meinem kleinen Reisebericht ebenfalls inspirieren, die schönen Inseln zu besuchen. Es ist der perfekte Ort für eine Rundreise in Italien. Von Insel zu Insel bringt Dich das gut organisierte Fährennetz. Die Inseln sind so klein und teilweise steil, dass man alles zu Fuß macht. Manchmal fahren Golfcart-Taxis. Die größeren Inseln haben Straßen, auf denen zuverlässige Kleinbusse fahren.