Graniti ist das Dorf der Murales. Die kleine Gemeinde nördlich des Ätna macht bereits seit 10 Jahren Schlagzeilen. Künstler aus der ganzen Welt reisen hier hin. Trotzdem ist das Murales Dorf sowohl in Sizilien als auch im Ausland noch relativ unbekannt.
Graniti, das Dorf der Murales
Zum ersten Mal hörte ich von Graniti, dem Murales Dorf, im Jahr 2021. Ich war seit einem Jahr auf Sizilien und entwarf individuelle Sizilienrundreisen für einen Reiseveranstalter, den es leider nicht mehr gibt. Für alle die eine alternative Sizilienerfahrung wünschten, war Graniti ein Fixpunkt. Dort vermieteten wir über einen lokalen Anbieter einige Ferienwohnungen, meist in Kombination mit einer Streetart Tour und der Verkostung lokaler Produkte. Die Rückmeldungen der Reisenden waren bombastisch. Graniti war für alle das Highlight der Sizilienreise. Für mich war es jedes Mal null Aufwand. Eine Win-win-win-Situation auf allen Seiten.
Die mysteriöse Rollerrundreise
Anfang 2022 befand ich mich auf meiner Rollerrundreise durch Sizilien (ja, der Artikel ist noch in Planung) und rief den Ansprechpartner Salvatore Romano an, ob ich nicht vorbeikommen könne. Er sagte, er wäre im Moment in der Schweiz, würde aber alles für meinen Besuch vorbereiten. Es war traumhaft. Die Mädls vom Zivildienst nahmen sich den ganzen Vormittag für mich Zeit. Sie zeigten mir einige der damals rund 30 Kunstwerke und erzählten mir vom Projekt „Graniti Murales“. Wir besichtigten die kleine Fabrik von „Tasting Sicily“ und nahmen einen Aperitif in der Bar.
(fast) Künstlerresidenz in Graniti
Wenige Monate später, im Juli 2022, kam ich zurück für eine komplette Woche, um das Murales Dorf während dem Street Art Festival in Aktion zu erleben. Endlich lernte ich Salvatore Romano und Karin Meier kennen und die vielen Projekte, die sie für Graniti haben. Die Woche verbrachte ich viel mit den Streetartists, die in den letzten Zügen waren ihre Murales fertigzustellen: Ceasar Perez und Ana Armillas. Sie waren bereits seit einem Monat zu Gast im Dorf. Der krönende Abschluss war die Eröffnungsfeier der Murales.
Seitdem komme ich 1-2 mal im Jahr nach Graniti, wo mich der Müllmann grüßt und mir in der Bar das Übliche gebracht wird. Im September hatte ich die Gelegenheit ein Kunstwerk mitzugestalten im Rahmen eines Events organisiert von urban streetart sicily, ti ci devo portare in sicilia, und lorenzo maniscalco artist.
Was macht Graniti so besonders?
Graniti ist ehrlich gesagt nicht besonders schön. Klar, die Murales sind schön, aber die gibt es ja an vielen Orten. Warum also kommen die Menschen, inklusive mir, immer wieder?
Die Lage
Graniti hat eine besondere Lage. Die meisten wissen nicht, wo es ist, weil man nicht durchfahren muss, um irgendwo hinzukommen. Wer nach Graniti fährt, will in erster Linie nach Graniti. Die Straße ist eine Sackgasse. Danach kommt noch ein bewaldeter Berg, auf dem man wandern und Radfahren kann und direkt dahinter die Peloritaniberge. Das gibt dem Dorf eine bestimmte Ruhe, ohne anstrengenden Durchfahrtsverkehr. Trotzdem ist man nah an den Highlights der Region. So erreichst du innerhalb von 30 Minuten Taormina, das Meer, die Alcantara Schlucht oder Castiglione di Sicilia. Und das alles mit Blick auf den Ätna!
Die Einwohner
Eine fantastische Lage ist nichts ohne die Einwohner, wie viele touristisch überlaufene Orte auf Sizilien beweisen. Die Granitesi sind sehr offen und herzlich. Das Dorf hat eine lange Geschichte der Abwanderung hinter sich. Durch den Besuch von Familien und Freunden aus aller Welt hat das Dorf fast einen internationalen Flair und die Einwohner sind aufgeschlossen anderen Kulturen gegenüber. Außerdem pflegen die Granitesi ihr Dorf. Es ist sauber und aufgeräumt.
Graniti Murales
Mit dem Street Art Projekt Graniti Murales haben sich die Gründe für einen Besuch noch verstärkt. Die Menschen kommen nicht nur, um von hier die Highlights der Region zu besuchen. Die Menschen kommen jetzt aus Taormina für einen Tagesausflug nach Graniti! Nicht nur das: bekannte Streetartists aus der ganzen Welt, die viel Geld für ihre Kunst verlangen, betteln, dass sie wieder nach Graniti kommen dürfen. Hier bekommen sie „nur“ eine Unterkunft und die Materialien gestellt. Abgesehen davon, dass sie von den Einwohnern umsorgt werden, wie die eigenen Kinder. Die Kinder sind übrigens stolz auf ihr Dorf. Sie bringen gerne Freunde mit und zeigen ihnen die Graniti Murales.
Nachhaltige Entwicklung für Graniti
Der Süden und besonders die Bergdörfer Italiens sind stark von der Abwanderung betroffen. Ja, das ist in Graniti nicht anders, aber es gibt auch die Menschen, die bleiben. Mittlerweile gibt es auch einige internationale Zugezogene! Die Granitesi sind stolz auf ihr Dorf und sie halten zusammen. In den letzten 3 Jahren, in denen ich das Dorf der Murales kennenlernen durfte, ist die Anzahl an Geschäften gleich geblieben. Die Menschen hier haben viele Ideen und Projekte. Es ist schön zu sehen, wie hier nichts stagniert.
Viel hat mit Graniti Murales zu tun. Die Kunstwerke entstehen nicht für die Gemeinde, sie werden mit der Gemeinde gestaltet. So werden die Künstler für einen Monat ins Dorf eingeladen, um mit den Dorfbewohnern zusammenzuleben und sie kennenzulernen. Die Einwohner stellen eine Wand zur Verfügung und diskutieren die Vorschläge der Künstler. Interkulturelle Kommunikation wird gefördert und die Menschen sehen, was man alles durch Zusammenarbeit erreichen kann.
Praktische Tipps
Graniti ist einfach zu erreichen. Wenn du mit dem Auto unterwegs bist, nimmst du von Giardini-Naxos die SS185 Richtung Francavilla di Sicilia. Nach etwa 15 Minuten erreichst du die Abzweigung nach Graniti. Auch mit dem Bus ist es einfach, aber du musst etwas flexibel sein: Ab Taormina, Gardini oder Recanati fährt Interbus direkt bis nach Graniti etwa dreimal täglich (nicht an Sonn- und Feiertagen). Es ist aktuell in Planung, dass die stillgelegte Eisenbahnlinie wieder in Betrieb genommen wird.
Reisezeit
Bist du mit den Öffentlichen unterwegs, dann reichen dir wahrscheinlich 2-3 Nächte im Dorf, um die Graniti Murales und die Gegend kennenzulernen. Reist du hingegen mit dem Auto, kannst du locker eine Woche bleiben und von Graniti Tagesausflüge zu den Highlights des Alcantaratals unternehmen. Bezüglich Reisezeit sind Frühling und Herbst meine Lieblingsjahreszeiten in Sizilien. Im Dorf ist am meisten los im Juli und August.
Graniti Murales
Im Dorf angekommen, findest du direkt vor der Gemeinde (Municipio) eine Infotafel über Graniti Murales. In den Bars liegen Lagepläne zum Mitnehmen aus. Am einfachsten ist es aber, du suchst auf Google Maps nach „Graniti Murales“ und du findest die Standorte aller Kunstwerke. Nähere Infos zu den Künstlern und ihren Werken gibt es auf der Homepage: https://granitimurales.org/